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Geschichten aus dem LebenZwischen zwei Kulturen

Aromatischer und saftiger Schaschlik!

 

Natalia Nebolsina über ihre beiden beruflichen Tätigkeiten: ihre Buchhaltungsfirma und ihrem Imbiss „Spezialitäten vom Grill“.

 

 

Natalia, wo haben Sie gelebt und was haben Sie beruflich gemacht, bevor Sie nach Deutschland gekommen sind?

Ich bin in der Ukraine geboren, habe aber mein ganzes Leben in Kirgisien, in der Stadt Bischkek verbracht. Dort bin ich zur Schule gegangen und habe ein Handelstechnikum abgeschlossen. Danach habe ich Buchhaltung an einem Institut studiert. Ich habe mein Leben lang als Buchhalterin gearbeitet. Nach Deutschland, also nach Rostock, bin ich im November 2004 umgezogen. Ich habe ein halbes Jahr einen Deutschkurs gemacht. Danach habe ich einen Kurs für Unternehmer besucht. Im Prinzip hat damals meine berufliche Tätigkeit angefangen. Dort habe ich eine Lehrerin kennen gelernt, die mich sehr unterstützt hat. Unter ihrer Leitung habe ich mich selbständig gemacht und bot Buchhaltungsleistungen an. Leider haben sich viele meiner Kunden wegen der Wirtschaftskrise oder privater Gründe aufgelöst. Deswegen habe ich mit meinem Mann beschlossen, eine Imbissstube aufzumachen.

Sind Sie mit Ihrem Mann hierher gekommen?

Nein, ich bin mit meiner Mutter hierher gekommen. Erst hier habe ich meinen Mann kennen gelernt. Hier ist unser Kind geboren. Es ist jetzt 4 Jahre alt.

Sie sind so eine aktive Mutter – haben zwei Arbeitsstellen. Natalya, warum haben Sie beschlossen, nach Deutschland umzusiedeln? Sie hatten doch eine gute Arbeit in Kirgisien…

Ja, ich habe bei einer guten Firma gearbeitet und einen festen Lohn bezogen. Im Land hat sich jedoch eine instabile politische Situation ergegeben. Unter solchen Umständen zu leben, war vorsichtig ausgedrückt, unangenehm. Als wir 2004 ausgewandert sind, hat kurz darauf im März 2005 die Tulpenrevolution begonnen. Nach fünf Jahren ist eine weitere Revolution ausgebrochen. Deswegen bin ich mir sicher, dass wir eine richtige Entscheidung getroffen haben.

Was war für Sie am schwierigsten, als Sie nach Deutschland gekommen sind? Woran konnten Sie sich nur schwer gewöhnen?

Am schwierigsten war es für uns, dass wir keinen Kontakt zu der deutschen Bevölkerung hatten. Daher kommen die Sprachprobleme und Schwierigkeiten bei der Jobsuche.

Arbeiten Sie mit deutschen Kunden?

Nein, alle meine Kunden sind russischsprachig. Der Kurs, den ich belegt habe, wird überwiegend von russischsprachigen Unternehmern besucht. Meine Kunden habe ich entweder unmittelbar in diesem Kurs oder über diese Unternehmer kennen gelernt. Deswegen arbeite ich ausschließlich mit russischsprachigen Leuten. Ich hoffe jedoch, dass die Arbeit mit deutschen Kunden mir noch bevorsteht.

Natalia, erzählen Sie uns bitte, wie Sie Ihr Unternehmen angemeldet haben? War das schwierig?

Nein, gar nicht. Es sind keine Schwierigkeiten entstanden. Ich musste viele Unterlagen sammeln, das war aber nicht so schwierig, wenn man das mit den Schwierigkeiten vergleicht, die russischsprachige Unternehmer in ihrer Heimat überwinden müssen. Ich musste ein Set von Unterlagen einreichen: polizeiliches Führungszeugnis, Gesundheitsatteste, Bildungsnachweise usw. All das war nur im ersten Fall erforderlich. Im zweiten Fall, als ich mich als Buchhalterin anmelden wollte, habe ich das alles gar nicht gebraucht. Ich habe nur 26 Euro bezahlt und das war es – ich war schon eine Unternehmerin.

Was wird in Ihrer Imbissstube verkauft?

Bei uns kann man den echten Schaschlik kaufen – groß und lecker. Ursprünglich war das unsere Hauptidee. Wir dachten, dass man hier mit unserem Schaschlik überglücklich sein wird. Deutsche haben jedoch unsere Idee ziemlich misstrauisch wahrgenommen. Deswegen haben wir noch deutsche Spezialitäten im Angebot: Bratwurst, Currywurst, Schnitzel, Pommes frites und Hamburger. Und natürlich verschiedene Getränke. Meistgefragt sind Würste, da sie Deutschen sehr vertraut sind. Als wir unsere Imbissstube aufgemacht haben, haben wir unsere Bekannten darüber konsultiert, welche Spezialitäten besser verkauft werden. Unsere deutschen Bekannten haben uns gesagt: „Was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht“. Das war tatsächlich so. Das wurde durch unsere eigene Erfahrung bestätigt. Ich denke, es ist überall so.

Arbeiten Sie jeden Tag?

Ja, hier in Warnemünde arbeiten wir täglich, auch samstags und sonntags. Das ist eine Saisonarbeit. Im Herbst und im Winter ist am Strand keiner, deswegen ziehen wir in dieser kalten Jahreszeit wo andershin um. Wir sind gerade auf der Suche nach einem anderen Ort.

Bereuen Sie es nicht, dass sie aus Kirgisien ausgewandert sind?

Nein. Jedes Mal, wenn ich im Fernsehen sehe, was in meiner Heimat passiert, denke ich, dass wir einen richtigen Schritt gemacht haben. Hier kann ich mein Kind allein spazieren gehen lassen und weiß dabei, dass ihm nichts passieren wird. Dort ist das unmöglich.

Meine letzte Frage: welchen Tipp würden Sie den russischsprachigen Unternehmern geben, die in Deutschland ein Unternehmen gründen möchten?

Sich von Schwierigkeiten nicht abschrecken lassen, keine Angst vor Fehlern haben und den geplanten Weg gehen. Man hat immer Angst davor, dass man abwirtschaften wird. Das Schwierigste ist anzufangen, den ersten Schritt zu machen. Alle machen Fehler. Es hat noch keinen Unternehmer gegeben, der keine Fehler begangen hat. Man soll daraus ein Fazit ziehen und weitermachen.

Ein Projekt des Deutsch-Russischen Austausch e.V. im Rahmen des Bundeprogramms "XENOS - Integration und Vielfalt". Deutsch-Russischer Austausch e.V.