Geschichten aus dem LebenZwischen zwei Kulturen |
Von Blumen inspiriert
Olga Prittchina, geboren in Riga, hat in ihrem Leben mehrere Berufe erlernt. Heutzutage helfen ihr alle diese Berufe bei ihrer Lieblingsbeschäftigung – der Floristik.
Olga, wo kommen Sie her? Ich komme aus Riga, Lettland. In meinem Leben habe ich diverse Berufe gehabt, unter anderem Floristin. Ich habe einen Ikebana-Kurs belegt und arbeite in diesem Beruf schon seit 25 Jahren. In Deutschland lebe ich schon seit 15 Jahren und arbeite hier die ganze Zeit als Floristin. Ja. So wie alle habe ich als erstes einen Sprachkurs gemacht. Danach habe ich einen Fortbildungskurs für Floristinnen belegt und war in einem Salon fest angestellt. Meine Tochter ist 2,5 Jahre später nach Deutschland gekommen. Als Kind hat sie mir bei der Arbeit zugeschaut und geholfen. Sie hat auch beschlossen, ihr Leben mit der Floristik zu verbinden. Am Anfang war ich dagegen und habe ihr andere Berufe vorgeschlagen. Sie mag jedoch Floristik und Blumen. Diese Arbeit macht sie mit großem Vergnügen. Deswegen hat sie mich sozusagen überzeugt. Mein erster Beruf liegt auf dem medizinischen Gebiet. Ich habe eine Ausbildung zur medizinischen Laborantin gemacht und in einem Rigaer Krankenhaus gearbeitet. Danach bin ich Friseurin geworden: habe eine Ausbildung abgeschlossen, wobei ich Prüfungen extern abgelegt habe. Parallel wurde ich noch zur Schneiderin ausgebildet. All diese Berufe nützen mir viel in der Floristik. Nein, nicht nur. Mit Kunstblumen auch. Wir fertigen Bilder aus Kunstblumen an. Wir bieten mehr als normale Blumenläden. Wahrscheinlich ist das der Grund, warum wir jetzt schon so viele Kunden haben. Mit echten Blumen arbeiten viele, mit Kunstblumen nur wenige. Man sagt, dass man es sofort merkt, dass sie nicht natürlich sind. Das stimmt aber nicht. In Rostock habe ich regelmäßig Kurse für Floristinnen geleitet. Meinen Schülerinnen habe ich immer gesagt: „Mit dem Kunststoff muss man wie mit natürlichen Stoffen arbeiten. Klar, der Mensch kann nicht dem Unlebendigen Leben einhauchen. Man soll das Unlebendige lieben lernen, fühlen und seine Schönheit unterstreichen“. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe. Der Hauptgrund ist, dass mir die künstlerische Freiheit gefehlt hat. In der Floristik sollte man sich nichts diktieren lassen. Hier kann man nur einen Vorschlag machen. Das Wichtigste in diesem Beruf ist grenzenlose Fantasie. Deswegen habe ich beschlossen, mein eigener Herr zu werden. Wissen Sie, ich habe mir ein Ziel gesetzt – um jeden Preis die Sprache zu erlernen. Zuerst habe ich einen Sprachkurs gemacht. Abends nach dem Kurs habe ich 5-6 Stunden lang Sprichwörter, Gedichte und Lieder auswendig gelernt. Ich habe versucht, Russisch möglichst selten zu sprechen und dafür mehr Kontakt zu Deutschen aufzubauen. Ich habe Diktate geschrieben. Ich schreibe sie immer noch, zum Beispiel zusammen mit meinem Enkel. Ich musste mich hier an gar nichts gewöhnen. Aus meiner Sicht ähnelt die deutsche Mentalität der lettischen zu 99%. Nur an die Sprache musste ich mich gewöhnen. Ich kann nur sagen, dass ich mich hier viel besser fühle als in Lettland, weil das Verhältnis zu Russen in Lettland nicht das beste ist, wie Sie wissen. In dieser Hinsicht ist für mich das Leben hier tausendmal besser als in Lettland. Außerdem: wer zum Schwert greift, soll durchs Schwert umkommen. Als ich hierher gekommen bin, habe ich für mich festgelegt, dass ich dieses Volk lieben werde. Innerlich habe ich mich darauf lange vorbereitet. Ich habe diese Sprache und dieses Land lieben können, deswegen bekomme ich diese Liebe vom Land zurück. Ja. Ich habe ausschließlich Kontakt zu Deutschen. Mit meinen ehemaligen Kollegen und Nachbarn bin ich in einem guten Verhältnis. Was russische Bekannte angeht, habe ich sie hier fast gar nicht. Nicht weil ich sie nicht mag, sondern weil es sich von Anfang an so ergeben hat, dass ich nur zu Deutschen Kontakt gepflegt habe. Ich würde so sagen – man soll alles durchdenken, bevor man sich selbstständig macht. Was genau können Sie anbieten? Russische Läden und Friseure gibt es in Deutschland schon genug. Vielleicht lohnt es sich nicht, noch einen Laden aufzumachen. Man sollte etwas ausgefallenes, etwas außergewöhnliches finden. Man soll riskieren und Tag und Nacht arbeitsbereit sein. |
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